Artikel

Artikel

Das Churermodell

Bildung ist ein offener, lebenslanger und aktiv gestalteter Entwicklungsprozess des Menschen. Ziel der Schule ist es, den Kindern zu ermöglichen, die Kompetenzen zu erwerben, die sie brauchen, um ihr Leben so zu gestalten, dass sie erfolgreich sein können.


11 Oktober 2022

Teile diesen Artikel

Die Lernmotivation lässt sich nicht dauerhaft durch die Anwendung methodischer Tricks aufrecht erhalten, sondern nur durch Beziehung in Form einer aktiven Auseinandersetzung mit einem Lerngegenstand und in einer lernfördernden Umgebung, die für alle am Bildungsprozess Beteiligten anregend ist und neue Erwartungen weckt.

Differenzierung

Ein wichtiges Ziel der modernen Unterrichtsentwicklung besteht darin, differenzierenden Unterricht zu ermöglichen, um den vielfältigen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen besser gerecht zu werden. Zu diesem Zweck werden an Schulen in zahlreichen Ländern verschiedene Unterrichtsmodelle umgesetzt, eines dieser Modelle ist das Churermodell.

Dieses Modell entstand 2010 in der Schweiz und  orientiert sich an der Unterrichtsanlage des Kindergartens, bei der die Lernumgebung für den Erwerb sozialer Kompetenzen und grundlegender Fähigkeiten und Fertigkeiten verantwortlich ist.

Die Unterrichtsanlage des Churermodells bietet die Möglichkeit, einen Unterricht zu schaffen, in welchem erfolgreiches und herausforderndes Lernen für alle möglich ist. Das Entscheidende am Churermodell ist, dass es die Basis für viele wesentliche Entwicklungen der heutigen Schule legt, sei es die Förderung des individualisierten Lernens, in der inklusiven Schulungsform und in der integrativen Begabungs- und Begabtenförderung.

Das Churermodell geht von vier grundlegenden Prämissen aus, die die Basis bilden:

1.   Grundstruktur des Raums verändern

Im Zentrum steht der Kreis für die gemeinschaftlichen Teile und die Lern-Inputs. Die Schulbänke sind so gestellt, dass verschiedene Arbeitsplätze entstehen. Den persönlichen Arbeitsplatz gibt es nicht mehr. Im Raum verteilt werden stattdessen Einzel-, Partner- und Gruppenarbeitsplätze. Bei dieser Unterrichtsanlage wirkt der Raum neben den MitschülerInnen und der Lehrpersonen als dritter Pädagoge“, da  wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich das Klassenzimmer  positiv  auf das Lehr- und Lernverhalten der Kinder auswirkt.

2.   Lernphasen verkürzen

Wesentliche Merkmale dieses Modells bestehen darin: Jede Lektion wird in der Regel mit einem Input im Kreis eröffnet. Die Einführungsphasen mit der Klasse werden kurz gehalten, so dass der Klasse mehr Zeit für das eigenständige Lernen wie auch die individuelle Förderung bleibt. Das Wissen wird durch freiwillige Wahlmöglichkeiten handelnd erworben.

3. Lernaufgaben kreieren

Es werden gute Lernaufgaben mit unterschiedlichem Anspruchsniveau den Lernenden angeboten. Die Lehrperson nimmt in dieser Phase die Funktion als BeraterIn ein und führt regelmässige Gespräche mit den Schülern und Schülerinnen durch. Die Lernenden werden immer zum lauten Denken und Begründen herausgefordert, dadurch erhält die Lehrperson vertiefte Einblicke in die Denkweise der SchülerInnen.

4. Freie Platzwahl

Die SchülerInnen haben die Möglichkeit, das Lernangebot, den Arbeitsplatz und den Lernpartner oder die Lernpartnerin zu wählen. Freie Platzwahl bedeutet jedoch nicht, sich einfach hinzusetzen, wo man will: Es geht darum, einen Lernort zu finden, wo man gut arbeiten kann.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten:

Jedes dieser vier Elemente generiert für sich Wirkungen. Die ersten beiden Elemente geben dem Unterricht Struktur. Das dritte Element legt die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Ziel fest. Das vierte Element schafft die Rahmenbedingungen, unter denen das Lernen stattfindet, bei dem implizit die überfachlichen Kompetenzen geübt werden.

Bei der Gestaltung dieses ganzheitlichen Lernprozesses lernen die SchülerInnen ihre persönlichen Ressourcen kennen und nutzen; des Weiteren können sie ihr eigenes Lernen besser organisieren. Sie holen sich Hilfe beim Lösen der Lernaufgaben bei ihren MitschülerInnen. Dabei erwerben die SchülerInnen die Fähigkeit, sich selbst einzuschätzen und über ihr Lernen zu reflektieren. Wenn Kinder immer wieder aufgefordert werden, sich selbst einzuschätzen, hat dies eine sehr lernfördernde Wirkung. Die SchülerInnen werden mehr und mehr zum aktiven Subjekt ihres Lernens, indem sie die Rolle des Bewerters  einnehmen und dabei ein zusätzliches Verantwortungsgefühl entwickeln.Mit der Umsetzung des Churermodells in der Primarstufe fördert und garantiert die Schweizerschule Curitiba, dass sie die höchsten Qualitätsstandards internationaler Bildungssysteme erfüllt. Dies ermöglicht und formt unsere SchülerInnen mit der Vision und einem weltoffenen Charakter und gibt ihnen die Möglichkeit, eine logische und innovative Denkweise zu entwickeln, die für eine erstklassige, internationale Schule erforderlich ist. Es handelt sich um Grundlagen, die heranwachsende Kinder und Jugendliche benötigen, um einen modernen, dynamischen und erfolgreichen Bildungsprozess zu erfahren, der den Anforderungen der heutigen Welt gerecht wird.

Quellen

Hattie, J.A.C. (2015): Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von „Visible learning“, besorgt von Beywl, W. & Zierer, K. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren (3., erweiterte Auflage). Hüther, G. (2016). Mit Freude lernen ein Leben lang. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Lienhard, P. (2012). Geht die Begabtenförderung in der integrativen Schule auf oder unter? In Begabungsförderung integriert. Band II. Zürich: Stiftung für hochbegabte Kinder.

Pool Maag, S. (2020). Ergebnisfeedback zu Projekt «Link –Lernen in inklusiven Lerngruppen». Das Churermodell der Binnendifferenzierung –eine Basis für das Lehren und Lernen in inklusiven Lerngruppen? Zürich: Pädagogische Hochschule.

Thöny, R. (2019). Churer Modell – eine Möglichkeit der Binnendifferenzierung im Unterricht. Verfügbar unter www.churermodell.ch/attachments/article/1/Broschüre%20Churermodell.pdf